Im Französischunterricht haben wir den Roman „Qui a tué mon pére“ von Édouard Louis gelesen. Uns alle hat die Geschichte des Romans sehr berührt. Es werden Themen wie sexuelle Gewalt, Männlichkeitsideale und Homophobie in Form einer Autobiografie behandelt.
Frau de Neve entdeckte, dass ein weiterer Roman Édouard Louis „En finir avec
Eddy“ als Theaterstück im Mainzer Staatstheater aufgeführt wird. Sie schlug
also vor, gemeinsam als Französisch-Kurs das Theater zu besuchen.
Der junge Eddy wächst in einem Dorf in der ländlichen Picardie Nordfrankreichs
auf. Seine Familie lebt dort in sehr einfachen Verhältnissen und hat mit Armut
zu kämpfen. Sein Vater arbeitet wie alle seien Vorfahren auch in der Fabrik. Er
trinkt viel, ist gewalttätig und prügelt sich oft mit anderen Männern. Dieses
Verhalten ist in der dortigen Gesellschaft jedoch nicht selten und gehört zu
den Männlichkeitsidealen eines „starken, harten Mannes“ dazu. Eben diese
Erwartungen werden auch Eddy entgegengebracht. Er soll wie sein Vater ein
harter Mann sein, ein echter Kerl. Eddy jedoch verhält sich von klein auf
anders. Er trägt gerne Röcke, er schminkt sich und geht Gewalt aus dem Weg.
Dies verstärkt den gesellschaftlichen Druck, der auf ihn lastet, immer mehr. Er
ist nicht wie alle anderen. Genau dieses „Anderssein“ sorgt für Mobbing und
Gewalt ihm gegenüber. Je älter er wird, desto mehr Versuch er zwanghaft, die
Ideale zu erfüllen und zu dem Kerl zu werden, den jeder von ihm erwartet. Sein
Körper sträubt sich allerdings. In seiner Jugend wird ihm mehr und mehr
bewusst, dass er sich vom männlichen Geschlecht angezogen fühlt. Er versucht
das zu überspielen und zwingt sich selbst in heterosexuelle Beziehungen.
Während Eddy mit der Suche und Akzeptanz seiner Sexualität zu kämpfen hat, ist
seine Jugend weiterhin geprägt von der Armut seiner Familie. Sein Vater, sein
Großvater und wiederum dessen Vater haben alle einer nach dem anderen in der
Fabrik gearbeitet. Die Frauen müssen früh schwanger werden, sonst heißt es „sie
seien lesbisch“. Die Gesellschaft lebt in einem selbst auferlegten
Teufelskreis. Eddy erkennt das. Festgefahrene Lebensweisen und die schlechten
Umstände des Proletariats erschweren jedoch das Ausbrechen aus dieser
Gesellschaftsschicht. Das Theater zeigte schonungslos die schrecklichen Seiten
des Proletariats. So wurden Schlägereien, Streit und sexuelle Übergriffe
eindrucksvoll inszeniert. Die Brutalität und vor allem die mentale Belastung
einiger Szenen ist uns Schülern sehr nahe gegangen und hat dafür gesorgt, dass
man sich noch lange Zeit nach dem Stück mit den Themen auseinandersetzt.
„En finir avec Eddy“ , „Das Ende von Eddy“ ist in Form einer Autofiktion
verfasst. Das bedeutet der Protagonist Eddy ist zugleich der Autor Édouard
Louis. Obwohl einige Teile der Geschichte erfunden sind, ist die Basis der
Handlung das Leben Édouard Louis. Die Tatsache, dass der Autor über sein
eigenes Leben schreibt, verstärkt die Tragik des Theaterstücks.
Trotz des gesellschaftlichen Drucks, den Erwartungen, der Gewalt und der
Homophobie schafft es Eddy aus dem Proletariat auszubrechen. Dank seinem
unermüdlichen Durchhaltevermögen und guten schulischen Leistungen wird er in
einem Internat in Amiens angenommen. Dort wird sein Name Eddy als Kurzform von
Édouard gehalten. Somit ist das „Ende von Eddy“ erreicht.
Katharina Lorenz